Jesus und Petrus am See

„Wie oft soll ich vergeben?“ – Petrus, du sprichst mir aus der Seele

Jürgen Ferrary
11. August 2025

Wenn ich die Bibel lese, stelle ich immer wieder fest: Ich liebe Petrus. Er ist manchmal so wie ich. Das beruhigt mich. Er will Jesus beeindrucken, will geistlich stark sein – und dann wird er doch wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Das kenne ich gut.

Einmal fragt Petrus Jesus:

„Herr, wie oft muss ich meinem Bruder oder meiner Schwester vergeben, wenn sie mir Unrecht tun? Ist siebenmal genug?“ (Matthäus 18,21)

Petrus war da eigentlich schon großzügig. Die jüdische Tradition empfahl, dreimal zu vergeben – danach war Schluss. Siebenmal zu vergeben, das war aus seiner Sicht geistliche Reife. Doch Jesus antwortet:

„Ich sage dir: Nicht siebenmal, sondern siebzig mal sieben Mal“ (V. 22)

Warum sagt Jesus das? Nicht, um Petrus bloßzustellen. Sondern um sein Herz – und unser Herz – zu weiten.

Die Zahl Sieben steht in der Bibel für göttliche Vollkommenheit. Also meint Jesus: Vergib unbegrenzt. Immer wieder. Solange, bis dein Herz frei ist.

Oder anders gesagt:

„Vergib so lange, bis der Schmerz verschwunden ist. Jedes Mal, wenn du dich erinnerst, triff eine neue Entscheidung: Gott, es tut immer noch weh. Aber ich will nicht von Groll, sondern von Liebe erfüllt sein. Ich verzichte auf mein Recht, mich zu rächen. Ich segne die Person, die mich verletzt hat – nicht, weil sie es verdient hätte, sondern weil du mir auch vergeben hast.“

Solche Gebete verändern das Herz.
Was Jesus sagt, bedeutet nicht nur, bei neuem Unrecht immer wieder neu zu vergeben. Es bedeutet auch, dass altes Unrecht uns nicht bitter machen darf.

Das ist alles andere als leicht. Aber ich habe es zu oft erlebt:
Nicht der Schmerz zerstört Ehen, Freundschaften, Gemeinden – sondern die Unversöhnlichkeit. Die Weigerung, loszulassen.

Und ich kenne das selbst. Ich hatte oft die Haltung: „Ich will nicht vergeben.“
Ganz ehrlich: Wer hat schon Lust zu vergeben? Das macht niemand gern. Vergebung fühlt sich nicht gut an – zumindest am Anfang nicht.

Aber du tust es trotzdem. Nicht, weil es Spaß macht. Sondern weil es richtig ist.
Weil du sonst in der Vergangenheit gefangen bleibst.
Vergebung befreit – nicht nur den anderen, sondern vor allem dich selbst.

Natürlich ist das schwer. Die Entscheidung zur Vergebung ist schon schwer genug – aber sie umzusetzen, ist noch schwerer.
Aber mit Gottes Hilfe ist es möglich.

Ich selbst musste das lernen.
Ich habe Verletzungen erlebt, die mir den Boden unter den Füßen weggezogen haben. Und ich hatte lange keine Kraft zu vergeben. Doch als ich begann zu beten: „Gott, erfülle mich mit deiner Liebe“, wurde es möglich.
Nicht auf einen Schlag, aber Schritt für Schritt.

Heute bin ich frei. Nicht, weil alles vergessen ist – sondern weil ich losgelassen habe.

Jesus sagt nicht: „Vergib, weil der andere es verdient.“
Sondern: „Vergib, weil du selbst Vergebung empfangen hast.“

Sei gesegnet!

„Vergebung ist der Duft, den das Veilchen dem Absatz schenkt, der es zertritt“ (Mark Twain).

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